Optimierte Interferon-gamma-Varianten

Antivirales und immunstimulatorisches Zytokin

Interferon-gamma ist als bedeutender Schalter des menschlichen Immunsystems schon in den sechziger Jahren entdeckt worden. Aufgrund seiner vielfältigen antiviralen und immunstimulatorischen Aktivitäten hat das Protein schon sehr bald nach seiner Entdeckung Einzug in die medizinisch-pharmazeutische Anwendung gefunden.

Indikationen

SDS-PAGE von Varianten des humanen Interferon-gamma.
Bild 1: SDS-PAGE von Varianten des humanen Interferon-gamma.

1991 wurde Interferon-gamma zur Therapie der Chronischen Granulomatose, einer sehr seltenen Erbkrankheit, bei der die Aktivierung des Immunsystems defekt ist, als Medikament zugelassen. Nachdem die pharmazeutische Industrie in den neunziger Jahren aufgrund einiger Fehlschläge das Interesse an dem Protein verloren hatte, zeigen sich jetzt neue Anwendungsmöglichkeiten mit großem Potenzial und die weltweiten Umsätze der beiden einzigen pharmazeutischen Produkte Actimmune® und Imukin® stiegen in den letzten vier Jahren auf geschätzte 180-200 Mio US $ jährlich (2004).

Im Jahr 2000 erhielt Interferon-gamma die Zulassung für Osteopetrose (Albers-Schönberg-Erkankung) einer erblichen Erkrankung des Knochenstoffwechsels, die auch als Marmorknochenerkrankung bekannt ist. Das größte Potenzial für das Protein scheint jedoch in Erkrankungen zu liegen, die mit einer erhöhten Kollagenproduktion im Bindegewebe einhergehen und zu einer krankhaften Vernarbung von Gewebe führen. Interferongamma kann zum Beispiel bei der Lungenfibrose, einer tödlich verlaufenden Vernarbung des Lungengewebes, zu einer Verlangsamung der Erkrankung beitragen. Eine entscheidende klinische Studie (Phase III) zur Anwendung von Interferon-gamma bei Lungenfibrose wird momentan in den Vereinigten Staaten durchgeführt.

Optimierte Interferon-gamma- Strukturen mit erhöhter Stabilität und Aktivität

Interferon-gamma-Varianten im antiviralen Assay.
Bild 2: Interferon-gamma-Varianten im antiviralen Assay.

Unsere Wissenschaftler arbeiten seit mehr als zehn Jahren am Interferongamma mit dem Ziel, der pharmazeutischen Industrie verbesserte Moleküle mit optimiertem klinischen Potenzial zur Verfügung zu stellen. Diese so genannten »second generation« Interferon-gamma-Therapeutika umfassen patentierte Innovationen, die die Stabilität, die Löslichkeit, die Bioverfügbarkeit und das Herstellungsverfahren betreffen. In den Forschungsprojekten wurde ein Patentportfolio von insgesamt mehr als zehn weltweiten Patenten erreicht.

Durch Computer-Modellierung konnten Varianten gefunden werden, die eine erhöhte thermische Stabilität aufwiesen. Eine Verkürzung des Moleküls führte darüber hinaus zu einer verbesserten Bioaktivität. Neueste Daten zeigen, dass durch die Verbindung von Interferon-gamma mit Polyethylenglycol (PEGylierung) eine längere Verweildauer des Moleküls im Tierversuch (Pharmakokinetik) und eine bessere Bioverfügbarkeit erreicht werden. Die Optimierung des Fermentations- und Aufreinigungsverfahrens ermöglichte es, Interferon-gamma vollständig löslich zu produzieren. Die Innovationen wurden mit Forschungspreisen der Fraunhofer-Gesellschaft und der International Society for Interferon and Cytokine Reseach (ISICR) ausgezeichnet.

Weiterentwicklung – Lizensierung

Dem Ziel, neue Indikationen und Applikationsformen für Interferongamma zu finden, sind wir einen großen Schritt näher gekommen. Derzeit sucht das Fraunhofer IGB nach Partnern aus der pharmazeutischen Industrie für eine klinische Weiterentwicklung des Projektes.

Literatur

[1] Sergey E. Perchenov et al. (2002) Mutant analogues of human interferongamma with higher stability and activity. Protein Expression and Purification 24, 173-180

[2] Kontsek, P.; Waschütza, G.; Kontsekova, E. and Otto, B. (2000) Engineered acidstable human interferon-gamma. Cytokine 12, 708-710

[3] Waschütza, G.; Dengler, U.; Villmann, C.; Böttinger, H. and
Otto, B. (1998) Interferon-g variants with deletions in the AB-surface loop. Eur. J. Biochem. 256, 303-309

[4] Waschütza, G.; Li, V.; Schäfer, T.; Schomburg, D.; Villmann, C.; Zakaria, H. and Otto, B. (1996) Engineered disulfide bonds in recombinant human interferon-γ: The impact of the N-terminal helix A and the AB-loop on protein stability. Protein Engng. 9, 905-912

[5] Slodowski, O.; Bohm J.; Schöne B.; and Otto, B. (1991) Carboxy-terminal truncated rhuIFN-gamma with a substitution of Gln133 or Ser132 to leucine leads to higher biological activity than in the wild type. Eur. J. Biochem. 18, 1133-1140