Bewertung photokatalytischer Schichten gegen Mikroorganismen an Oberflächen

Schematische Darstellung der photokatalytischen Reaktion.

Ein innovativer Ansatz zur Erzielung einer antimikrobiellen Wirkung völlig ohne Einsatz biozider oder anderer chemischsynthetischer Mittel ist die Ausrüstung von Oberflächen mit photokatalytisch aktiven Beschichtungen oder Nanopartikeln. Ziel eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts war die Darstellung solcher praxisgerechter, hochwirksamer Beschichtungen mit selbstreinigenden und selbstdesinfizierenden Eigenschaften auf der Basis photokatalytisch aktiver Titandioxidkomponenten für eine Vielzahl von Produkten mit einem breiten Anwendungsspektrum.

Vorgehensweise

Photoaktivierung im Teststand.
Testorganismen auf einer Kunststoffoberfläche.

Das Untersuchungsmaterial wurde von Projektpartnern zur Verfügung gestellt und am Fraunhofer IGB mikrobiologisch bewertet. Insgesamt wurden mehr als 50 verschiedene Oberflächenmodifikationen von Polypropylen, Polyvinylchlorid, Polycarbonat, Keramik, Glas und Zellulose (Filtermaterial) sowie entsprechende, nicht modifizierte Kontrollproben untersucht. Als Testorganismen wurden Gram-positive und Gram-negative Bakterienstämme verwendet, die nach standardisierter Kultivierung und mittels Sprühtechnik in einer definierten Zellzahl auf die Oberflächen aufgebracht wurden. Die Photoaktivierung der mit Titandioxid beschichteten Oberflächen erfolgte mit einer Philips Actinic BL-TL 20 W/10 Niederdruckquecksilberdampflampe bei einer relativen Luftfeuchte von 93 Prozent und einer Temperatur von 20 °C.

Ergebnisse

Inaktivierung von S. lutea auf photokatalytischen Kunststoffoberflächen.
Tab. 1: Klassifizierung der Messergebnisse zum Vergleich der photokatalytischen Eigenschaften der Proben
Prozentuale Darstellung der klassifizierten Oberflächen.

Die aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehenden Proben waren mithilfe von Sprühtechniken, Sol-Gel-Verfahren, durch Compoundierung, PVD-Verfahren, Sprühpyrolyse oder Plasmasputtern hergestellt worden. Von großem Interesse waren aus mikrobiologischer Sicht der Einfluss der Materialeigenschaften, das Verfahren zur Beschichtung bzw. Ausrüstung der Prüfkörper sowie die Auswirkungen unterschiedlicher Anteile an Photokatalysator auf die Inaktivierung der verschiedenen Testorganismen. Die Grafik (links) veranschaulicht an einem Beispiel mit drei untersuchten Kunststoffen, dass bei dem Testorganismus Sarcina lutea zeitabhängig eine deutliche Zellzahlreduzierung um 5 bis 6 Log-Stufen erreicht wurde. Dies entsprach einer Inaktivierung von 99,999 bis > 99,9999 Prozent.

Für alle Messreihen, die im Laufe des Verbundprojekts durchgeführt wurden, um die verschiedenen Oberflächen, Materialien und damit die Beschichtungsverfahren im Hinblick auf ihre antimikrobiellen Eigenschaften zu charakterisieren, wurde eine Quantifizierung über den sogenannten Reduktionsfaktor angestrebt. In die Bewertung wurden alle Ergebnisse einbezogen, die aus der Charakterisierung der Glas- oder Kunststoffproben zur Verfügung standen. Für eine bessere Vergleichbarkeit wurden die Ergebnisse zu Grunde gelegt, die nach einer 12-stündigen Belichtungsdauer und mit dem Gram-positiven Standardtestbakterium Sarcina lutea vorlagen. Die resultierende Klassifizierung der untersuchten Proben ist in Tabelle 1 dargestellt. Da die Ausgangszellzahl in der Regel bei 106 eingestellt war, entspricht beispielsweise ein Reduktionsfaktor von 6 der unter den experimentellen Bedingungen maximal erreichbaren Reduktion der mikrobiellen Belastung und damit
der Klasse 1.

Etwa 50 Prozent der untersuchten photokatalytischen Oberflächen bei einer Betrachtungszeit von 12 Stunden Belichtungsdauer fallen unter die Klassen 1 und 2.

Das heißt, dass mindestens 99,999 Prozent der jeweils auf den untersuchten Proben eingesetzten Organismen inaktiviert werden. Bei weiteren nahezu 30 Prozent der Beschichtungen wurde immerhin noch eine Reduktion der mikrobiellen Belastung um 99,99 bis 99,999 Prozent erreicht. Eine Inaktivierung aufgrund photokatalytischer Aktivität war sowohl auf Glas als auch auf verschiedenen Kunststoffen nachweisbar. Von Vorteil für eine industrielle Umsetzung kann gewertet werden, dass angepasst an die Anforderungen alle oben erwähnten Beschichtungsverfahren geeignet sind und sich somit ein breites Anwendungsspektrum für photokatalytische Ausrüstungen eröffnet. Voraussetzung ist eine relativ gleichmäßige Verteilung der Partikel, die den Photokatalysator darstellen. Ein vollständiger Abbau von Zellstrukturen wurde bei der untersuchten Behandlungsdauer nicht beobachtet. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, besonders hinsichtlich des Abbaus von Pilzhyphen auf Oberflächen.

Ausblick

Strukturelle Veränderungen an Bakterienzellen.

Das Fraunhofer IGB plant, die Einflussfaktoren und Mechanismen der Photokatalyse aus wissenschaftlicher Sicht weiterzuverfolgen, die gewonnenen praktischen Erfahrungen bei der Durchführung von Wirksamkeitstests industriellen Partnern in bilateralen Kooperationen zugänglich zu machen und die Nachweisverfahren weiterzuentwickeln.

Förderung

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung des Projektes »Photokatalytische Oberflächenveredelungen für die Medizin, Fertigungstechnik und Konsumgüter«, Kurzname Photokat, Förderkennzeichen 01RI0637.

Projektpartner

  • UltraKat Plasmatechnik GmbH, Heidelberg (Projektkoordinator)
  • Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal
  • Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST, Braunschweig
  • MRC Systems GmbH, Heidelberg
  • Universität Heidelberg, Hygieneinstitut und Physikalisch-Chemisches Institut, Heidelberg
  • Laserzentrum Hannover e.V., Hannover
  • GXC-Coatings GmbH, Goslar
  • Sartorius AG, Göttingen
  • NTTF Coatings GmbH, Rheinbreitbach