C-VIS – Interoperative Tumorerkennung mit Hilfe von Nanopartikeln

Herausforderung: Lokalisierung des Tumorgewebes während der OP

Fluoreszenzlichtmikroskopische Aufnahmen einer vorbehandelten Probe nach der Versprühung von Nanopartikeln.
Bild 1: Fluoreszenzlichtmikroskopische Aufnahmen einer vorbehandelten Probe nach der Versprühung von Nanopartikeln mit anschließenden Spülvorgängen.

Im Verlauf einer minimal invasiv durchgeführten Tumorresektion kann vom Operateur zwischen gesundem und krankem Gewebe auf dem Endoskopbild häufig nicht eindeutig unterschieden werden. Zudem fehlen dem Operateur die haptische und taktile Wahrnehmung für eine palpative Einschätzung des Gewebes. Der Einsatz von Navigationssystemen zur Lokalisierung des Tumors scheitert in der Regel am Vorhandensein, an der Qualität oder Aktualität oder am Informationsgehalt der Bilddaten. Daher wird während des Eingriffs eine Probe des Tumors entnommen und dem Pathologen vorgelegt. Dieser Vorgang kann bis zu einer halben Stunde dauern, in der die Operation »angehalten« werden muss. Eine endgültige Laboruntersuchung dauert jedoch noch wesentlich länger. Um das Risiko zu minimieren, ergänzt der Chirurg die Expertise des Pathologen und in der Regel wird eine gemeinsame Abschätzung über den Zustand des Gewebes getroffen. Diese Entscheidung ist äußerst risikobehaftet, wenn von ihr beispielsweise die partielle Resektion eines Gewebes oder eines ganzen Organs abhängig gemacht wird. Eine Qualitätskontrolle der Resektionsränder ist bisher mit keinem Verfahren möglich, so dass auch weiterhin zur Sicherheit großvolumig resiziert werden muss.

Im Projekt C-VIS haben wir eine alternative Methode entwickelt, mit der das Tumorgewebe in kurzer Zeit unmittelbar im Körper sichtbar gemacht werden kann.

Mit Nanopartikeln Tumorgewebe sichtbar machen

REM-Aufnahmen einer vorbehandelten Probe nach der Versprühung von Nanopartikeln mit anschließenden Spülvorgängen.
Bild 2: REM-Aufnahmen einer vorbehandelten Probe nach der Versprühung von Nanopartikeln mit anschließenden Spülvorgängen. Man erkennt deutlich, dass die Nanopartikel nur an den vorgesehenen Stellen haften. Von links nach rechts die Vergrößerungen von 500, 2 500 und 25 000fach.

Die Methode von C-VIS basiert auf der Eigenschaft von modifizierten Nanopartikeln, die an Tumorzellen, nicht aber an gesunden Zellen haften bleiben. Am Fraunhofer IGB stellen wir hierzu aus synthetischen Nanopartikeln und biologisch aktiven Proteinen nanopartikuläre Hybridsysteme her.  Die Nanopartikel werden kolloidchemisch hergestellt und an ihrer Oberfläche mit Funktionen versehen, welche komplementär zu den bei den Proteinen eingeführten Reaktivitäten sind, also mit den Ankerstellen Verbindungen knüpfen können. Die Proteinkonstrukte werden dann in einer chemisch sanften und damit schonenden Reaktion mit den Nanopartikeln konjugiert.

Eindeutige Markierung während der Operation

 Darstellung des Operationsablaufs.
Bild 3: Darstellung des Operationsablaufs: 1. Positionierung des Endoskops, 2. Einsprühen der Nanopartikel: Die markierten TNF-funktionalisierten Silica-Nanopartikel binden an Zellen an.

Während des Eingriffs sollen diese Partikel durch das Endoskop auf die Gewebeoberfläche oder die Resektionsränder gesprüht werden. Die zuvor mit beispielsweise Fluoreszenzmarkern versehenen Partikel werden dann mit einer Lichtquelle auf der entsprechenden Wellenlänge angeregt und so im Kontrast zum gesunden Gewebe sichtbar gemacht. Auf dem Videoendoskopbild werden für den Operateur die angeregten und passiven Oberflächensegmente in vivo dargestellt, so dass er mit diesen Informationen den Tumor und die Resektionsränder gezielt behandeln kann. Das Fraunhofer IPA erarbeitet in diesem gemeinsamen Forschungsprojekt den Aufbau des neuartigen Endoskops.

Ausblick

Das Projekt C-VIS stellt einen alternativen bzw. komplementären Lösungsansatz zur Computer-assistierten Diagnose (CAD) dar, die zurzeit eher softwaretechnische Auswertungsansätze verfolgt. Nach der Evaluierung der Sprühvorgänge nachfolgend mit Gewebe stehen dann die präklinischen Untersuchungen aus, mit dem das Verfahren auf seine Praxistauglichkeit untersucht wird. Im Erfolgsfall werden im nächsten Schritt unterschiedliche Nanopartikel zur Erkennung spezifischer Tumore entwickelt, Lösungen zur automatischen Bildauswertung untersucht und die Möglichkeiten zur genauen räumlichen Lokalisierung des Tumors verfolgt. In Zukunft könnte C-VIS in ein automatisches Resektionsverfahren beispielsweise mit einem Robotersystem integriert werden.

Projektpartner

  • Fraunhofer-Institut für Produktion und Automatisierung IPA