Enzymatische Modifikation von Lignin

Struktur von Lignin und Ligninabbauprodukten.
Struktur von Lignin und Ligninabbauprodukten.

Lignin ist die größte natürliche, regenerative Rohstoffquelle für aromatische Verbindungen. Das in Papiermühlen anfallende Lignin wird bisher jedoch kaum stofflich genutzt, sondern größtenteils zur Energiegewinnung verbrannt. Alternative Aufschlussverfahren wie der Organosolvprozess können Lignine von höherer Reinheit und Uniformität liefern und somit für neue Anwendungen interessant machen.

Eine stofflich-industrielle Nutzung von Lignin verlangt eine Konversion des Rohstoffes zu geeigneten Biosynthesebausteinen, welche wiederum zu beispielsweise Polyurethan oder anderen Kunststoffen polymerisiert werden können. Die Modifizierung und der Abbau des komplexen Moleküls Lignin stellen jedoch eine große Herausforderung dar, da es nicht wie Zellulose und Hemizellulose einfach enzymatisch zu Monomeren hydrolysiert werden kann (siehe dazu den Kompetenzbereich unserer Arbeitsgruppe »Verzuckerung von Lignozellulose«).

Für den natürlichen Abbau von Holz und ligninhaltiger Biomasse sind Insekten, Weißfäulepilze und Bakterien bekannt. Diese Organismen produzieren unterschiedliche Enzymcocktails, welche benötigt werden, um die komplexe Struktur des Lignins zu degradieren. Bisher gibt es keinen großtechnischen biotechnologischen Prozess zur Lignin-Degradierung und -Modifikation. Eine wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Nutzung biotechnologischer, ökologischer Verfahren zur Verwertung von Lignin ist die Verfügbarkeit effizienter und stabiler Biokatalysatoren. Die Forschung am Fraunhofer IGB beschäftigt sich mit der Suche und Charakterisierung solcher ligninolytischer Enzyme aus Pilzen und Bakterien.

Ligninolytische Enzyme aus Pilzen und Bakterien

Geeignete Stämme und Kombinationen von Stämmen (Co-Kulturen) wurden kultiviert und die Expressionsleistung durch unterschiedliche Medienzusammensetzung und Induktoren optimiert, um möglichst gezielt ligninspaltende Enzyme wie Etherasen oder Laccasen und Peroxidasen in hohen Mengen zu produzieren. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer CBP wurde die Ausbeute an ligninolytischen Enzymen in Submers-Pilzkulturen weiter optimiert und auf einen größeren Maßstab bis zu 10 Litern übertragen.

Neben Pilzen werden auch ligninolytische Bakterien betrachtet. Die Bakterienstämme wurden auf die Umsetzung verschiedener Aromaten und auf deren ligninolytische Enzymaktivitäten im Überstand untersucht. Daraufhin wurden intrazelluläre Enzyme des Aromatenstoffwechsels und neue potenzielle ligninolytische Enzyme in den sequenzierten Genomen ausgewählter Bakterienstämme identifiziert.Es konnten bakterielle Peroxidasen und Oxidasen aktiv exprimiert, gereinigt und charakterisiert werden. In weiteren Untersuchungen wurden die katalytischen Eigenschaften der Enzyme bezüglich ihres Potenzials zur Modifikation von Aromaten und Lignin aufgeklärt. Es konnte eine Oxidation von Liginmodellsubstanzen und Mangan durch die Peroxidase gezeigt werden. Für die untersuchte Oxidase konnten wir eine Oxidation von aliphatischen Seitenketten an aromatischen Monomeren beobachten. Beide Enzyme können zur Modifizierung von Lignin und Lignin-Abbauprodukten eingesetzt werden.

Funktionalisierung von Lignin mittels Laccase

Des Weiteren befasst sich das Fraunhofer IGB mit der laccasekatalysierten Funktionalisierung von Lignin mit funktionellen Molekülen. Hier wurde Organosolv-Lignin mit funktionellen Aromaten mittels Laccase aktiviert und gekoppelt, wobei eine je nach Art des gekoppelten Moleküls eine veränderte Löslichkeit des Lignins beobachtet werden konnten. Eine verstärkte Löslichkeit in organischer oder wässrigen Lösungen kann hierbei für bestimmte Anwendungen von Vorteil sein.

Ganzzellkatalyse

Einen weiteren Arbeitsbereich stellt die Ganzzellkatalyse zur Modifizierung von Lignin dar. Im Zuge der Untersuchungen der möglichen bakteriellen Modifizierungsreaktionen wurde die Ringspaltung von Catechol als besonders interessant ausgewählt. Die erhaltene Cis-cis-Muconsäure kann zu Adipinsäure hydriert werden, die wiederum als Vorstufe für die Polymerchemie dient. Mit dem Bakterienstamm Rhodococcus sp. konnte innerhalb weniger Stunden ein annähernd vollständiger Umsatz von Catechol erreicht werden.

Referenzprojekte

Lignoplast – Funktionalisierte Ligninspaltprodukte als Synthesebausteine für die Herstellung von Klebstoffen, Lacken, Polyurethanen und Epoxiden

 

Ziel ist die Entwicklung von Klebstoffen, Lacken, Polyurethanen und Epoxiden auf Basis von chemisch und enzymatisch modifizierten Ligninen.

 

Laufzeit: Juli 2013 – Dezember 2016

Lignocellulose-Bioraffinerie

 

Ziel war es, einen Prozess zur vollständigen stofflichen Nutzung aller Komponenten der Lignocellulose durch Gewinnung von biobasierten Produkten auf Cellulose-, Hemicellulose- und Ligninbasis innerhalb  einer Bioraffinerie zu entwickeln und zu etablieren.

 

Laufzeit: Januar 2010 – Dezember 2013