Enzymtechnische Herstellung von Methanol und Ameisensäure aus Formaldehyd

Stoffliche Nutzung von Biogas

Enzymreaktor.
Enzymreaktor.

Biogas wird zurzeit zum überwiegenden Teil als Energieträger zur Produktion von Wärme und Strom genutzt. Die energetische Nutzung von Biogas ist effizient, wenn die Wärme das ganze Jahr über sinnvoll genutzt wird, was aber nicht bei allen Biogasanlagen der Fall ist. Daher wird seit langem an Möglichkeiten einer stofflichen Nutzung von Biogas – das sich aus etwa 40 bis 75 Prozent Methan, 25 bis 55 Prozent Kohlenstoffdioxid und 10 Prozent Wasser zusammensetzt – geforscht, beispielsweise zur Herstellung von Methanol. Sowohl chemokatalytische als auch biotechnologische Ansätze verliefen jedoch bisher wenig erfolgversprechend.

In dem Verbundprojekt »Enzymatisch-chemokatalytische Oxidationskaskaden in der Gasphase ECOX« werden, gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Katalyse LIKAT in Rostock sowie der Martin-Luther-Universität in Halle, chemische und biotechnologische Reaktionsschritte so kombiniert, dass Biogas möglichst effizient zu Methanol und Ameisensäure umgesetzt werden kann. Damit sollen auch die Grundlagen für weitere Prozesse zur Umsetzung gasförmiger Substrate gelegt werden.

Kombination von chemokatalytischer und enzymatischer Umsetzung

Enzymreaktor.
Enzymreaktor.

Der Lösungsansatz liegt in der Kombination aus einer chemokatalytischen Umsetzung von Methan zu Formaldehyd, die von den Projektpartnern entwickelt wird, und der anschließenden Disproportionierung des Formaldehyds zu Methanol und Ameisensäure durch eine Formaldehyd-Dismutase aus Pseudomonas sp. in einem Enzymreaktor. Der enzymtechnische Schritt wird am Fraunhofer IGB entwickelt. Die im Enzymreaktor entstehende Ameisensäure kann als Wertstoff genutzt, in den katalytischen Prozess zurückgeführt oder zu Methylformiat umgesetzt werden. Methylformiat entsteht dabei in wässriger Lösung direkt aus Methanol und Ameisensäure. Wird die Ameisensäure zurückgeführt, entstehen in der Bilanz 4 Mol Methanol aus 3 Mol Methan, 1 Mol Kohlenstoffdioxid und 2 Mol Wasser. Es handelt sich dabei um einen endothermen Prozess. Die Verbrennungsenthalpie für 4 Mol Methanol ist höher als die des umgesetzten Biogases mit 3 Mol Methan.

Enzymreaktor – Immobilisierung der Dismutase

In den bisherigen Arbeiten ist es gelungen, die Formaldehyd-Dismutase sowohl aus dem Wildtypstamm als auch aus mehreren rekombinanten Stämmen als lagerfähiges und langzeitstabiles Enzym zu gewinnen. Das Enzym wurde an unterschiedliche Trägermaterialien gebunden. Damit wurden Enzymaktivitäten von 0,0088 – 0,028 Mikromol pro Minute pro Milligramm des Trägermaterials erzielt. Die katalytische Halbwertszeit beträgt 155 Tage. Durch gentechnische Modifikationen konnten Enzyme mit einer definierten räumlichen Ausrichtung auf die Träger aufgebracht werden, wodurch die Aktivität auf das Einhundertfache gesteigert wurde.

Automatisierte Versuchsanlage für Gasphasenreaktionen

Für die verfahrenstechnische Entwicklung wurde eine vollautomatisierte Versuchsanlage für Gasphasenreaktionen konstruiert und aufgebaut, in der die Temperatur und der Druck exakt gesteuert werden können. Die Konzentrationen sowohl des Substrats Formaldehyd als auch der Produkte wird mit einem Online-Massenspektrometer gemessen. Durch ein spezielles Membranmodul ist es möglich, alle Komponenten der Reaktion sowohl in der wässrigen Phase als auch in der Gasphase mit einer Ansprechzeit im Sekundenbereich simultan zu messen. Erste Versuche zeigten, dass mit dieser Methode eine vollständige Bilanzierung der Dismutase-Reaktion zuverlässig möglich ist.

Ausblick

Die Aufarbeitung der Formaldehyd-Dismutase und ihre Immobilisierung auf Trägermaterialien verliefen erfolgreich, das immobilisierte Enzym zeigt sehr hohe Enzymaktivitäten. Dies und die funktionsfähige Versuchsanlage mit Online-Massenspektrometrie sind hervorragende Voraussetzungen für die Entwicklung eines enzymtechnischen Prozesses.

Der nächste Schritt im Forschungsprojekt ist die kontinuierliche Produktion von Methanol und Ameisensäure mit der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase in der Versuchsanlage. In der darauffolgenden Projektphase folgt die Kopplung des enzymtechnischen Prozesses mit dem chemokatalytischen Prozess zur Herstellung von Formaldehyd aus Biogas.

Der technische Prozess zur Herstellung von Methanol und Ameisensäure aus Biogas ist darüber hinaus ein Modellfall für weitere enzymtechnische Prozesse mit gasförmigen Substraten an der Gasphase und in Kombination mit chemokatalytischen Reaktionen. Damit stellt er einen wichtigen Schritt hin zur stofflichen Verwertung biogener Materialien über gasförmige Zwischenprodukte wie Biogas oder Synthesegas dar.

Förderung

Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die Förderung des Projekts » ECOX – Enzymatisch-chemokatalytische Oxidationskaskaden in der Gasphase«, Förderkennzeichen 031A168A.

Projektpartner

  • Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock LIKAT, Rostock
  • Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Pharmazie, Arbeitsgruppe Aufarbeitung biotechnischer Produkte, Halle

Folgeprojekt

ECOX2 – Enzymatische und chemokatalytische Oxidationskaskade in der Gasphase (2) – Phenol aus Biogas

Im Projekt ECOX2 entwickelt das Fraunhofer IGB mit seinen Projektpartnern ein chemokatalytisch-biotechnisches Verfahren, um Methan aus Biogas zu Phenol umzusetzen. Das Verbundvorhaben knüpft dabei an das Projekt ECOX an, in dem aus Methan durch ein kombiniertes chemo-enzymatisches Verfahren erfolgreich Methanol und Ameisensäure hergestellt werden konnten.

Laufzeit: Juli 2017 – Juni 2020