Fermentative Herstellung von organischen Säuren

Leistungsangebot

Die Gruppe Industrielle Biotechnologie des Fraunhofer IGB entwickelt Prozesse zur Gewinnung von Plattformchemikalien unter Verwendung nachwachsender Rohstoffe. Im Mittelpunkt steht die Etablierung, Optimierung und Skalierung von Biokonversionsprozessen, bei welchen biogene Rohstoffe entweder durch Mikroorganismen (Bakterien-, Hefe- oder Pilzkulturen) oder Enzyme in Basischemikalien umgewandelt werden. Für die mikrobielle Produktion von Äpfelsäure und Itaconsäure beispielsweise haben sich pilzliche Systeme als besonders vorteilhaft erwiesen. Weitere Verfahren wurden für Xylonsäure und Furandicarbonsäure etabliert.

Fermenter im Labor- und Technikumsmaßstab am Fraunhofer IGB, die für die Fermentationsentwicklung  und den Scale up innerhalb des Projektes KomBiChemPro verwendet werden.
© Fraunhofer IGB
Multifermentersystem.

Leistungsspektrum im Überblick

  • Auswahl und Optimierung der Biokatalysatoren
  • Entwicklung geeigneter Fermentationsprozesse im Labormaßstab
  • Übertragung der Konversionsprozesse in den Technikums- bis m³-Maßstab.

Innerhalb der Prozessentwicklung betrachten wir alle relevanten Parameter, etwa Temperatur, pO2, OUR, CER und RQ oder die Zusammensetzung des Mediums und etablieren perfekt abgestimmte Mineralsalzmedien und Fütterungsstrategien (repeated-batch, fed-batch oder kontinuierliche Kulturführung). Auf der Grundlage einer statistischen Bewertung aller Prozessparameter überführen wir den optimalen Prozess zunächst vom Schüttelkolben in den Fermenter (Scale-over) und dann in den Technikums- und Pilotmaßstab (Scale-up). Auch die Aufreinigung der Produkte wird optimiert.

Äpfelsäure aus Xylose – Fermentation erstmals im 1-m³-Maßstab

Aspergillus oryzae
Mikroskopische Darstellung des Pilzes Aspergillus oryzae.

Äpfelsäure wird bislang vor allem in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt. Sie verbessert die Haltbarkeit von Backwaren und dient als Lieferant für den sauren Geschmack von Marmeladen und Säften. Aber auch ihr Potenzial als Baustein für die Chemieindustrie ist erheblich. Zusammen mit Bernstein- und Fumarsäure gehört sie zur Gruppe der C4-Dicarbonsäuren. C4-Säuren können in 1,4-Butandiol (BDO) umgewandelt werden – eine wichtige Vorstufe zur weiteren Konversion in eine Vielzahl von Chemikalien, darunter Kunststoffe, Polymere und Harze, deren Anwendungsspektrum von Golfbällen bis hin zu Druckfarben und Reinigungsmitteln reicht.

Die fermentative Herstellung der Äpfelsäure wurde in Zusammenarbeit der Arbeitsgruppen Industrielle Biotechnologie am Fraunhofer IGB und Biotechnologische Verfahren am Fraunhofer CBP im Rahmen des Projekts KomBiChemPro entwickelt. Die Fermentation erfolgte mit dem Pilz Aspergillus oryzae, welcher nach dem GRAS-Status (engl. generally recognized as safe) der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) als unbedenklicher Lebensmittelzusatzstoff gekennzeichnet ist. Der Stamm kann neben Glucose auch den C5-Zucker Xylose verwerten, der als Hauptbestandteil der Hemicellulose aus Holzreststoffen gewonnen werden kann.

Zunächst wurde der Prozess im Labormaßstab optimiert, hierbei hat sich das IGB mit der Optimierung des Mediums sowie der Kulturführung beschäftigt. Durch die am IGB entwickelten Modifikationen des Mediums konnte die Nebenproduktbildung drastisch reduziert werden und somit die Ausbeute an Äpfelsäure gesteigert werden. Des Weiteren wurde der Fermentationsprozess durch die Etablierung einer effizienten Sporenernte verbessert, sodass keine Vorkulturführung erforderlich ist und der Produktionsfermenter direkt angeimpft werden kann. Auch wurde am IGB untersucht, inwiefern die Morphologie des Pilzes beeinflusst werden kann. Dies endete in der Etablierung eines Fermentationsprotokolls im Rührreaktor. Die Forschungserfolge konnten im Projekt KombiChemPro noch mit der erstmaligen Verwendung des Substrats Xylose bis in den 1-m³-Maßstab erfolgreich skaliert und abgeschlossen werden. Die Produktaufarbeitung konnte mittels Kristallisation demonstriert werden. Damit wurden mehrere Kilogramm Äpfelsäure produziert, welche als Muster für Anwendungstests zur Verfügung stehen.

Hohe Konzentrationen an Xylonsäure durch Prozessoptimierung

Xylonsäureproduktion.
Xylonsäureproduktion aus Xylose mit Gluconobacter.

Xylonsäure als Ersatz für Gluconsäure

Gluconsäure ist ein wichtiger Bestandteil von Nahrungsmitteln, Baumaterialien und Farben [1]. Die Säure wird aus Glucose hergestellt, deren Gewinnung aus stärke­haltigen Pflanzen kompetitiv zur Nahrungsmittelherstellung ist. Eine Alternative zur Gluconsäure stellt die Xylonsäure dar: Einerseits zeigt diese vergleichbare Eigen­schaften, andererseits kann sie aus lignocellulosehaltigen Pflanzenteilen bzw. Rest­stoffen gewonnen werden. Ziel im Rahmen des Projekts KomBiChemPro war daher die Entwicklung eines effizienten Prozesses zur Gewinnung von Xylonsäure aus Xylose, der etab.

250 g/L Xylonsäure durch Optimierung

Die fermentative Umsetzung der Xylose wird mittels Ganzzellkatalyse (Gluconobacter sp.) und lediglich Sauerstoff als zweitem Reaktant durchgeführt. Gegenüber Kon­kurrenzlösungen besitzt die Fermentation mittels Gluconobacter sp. den Vorteil der spezifischen, nachhaltigen und effizienten Umsetzung. Durch Optimierung konnte am Fraunhofer IGB bisher eine Xylonsäurekonzentration von über 250 g/L erreicht werden – bei einer Ausbeute von über 90 Prozent. Im nachfolgenden Aufreinigungs­prozess wurde Xylonsäure mit einem Reinheitsgrad von über 80 Prozent gewonnen, was für tech­nische Anwendungen ausreichend ist.

Scale-up und Mustermengen für Anwendungsuntersuchungen

Mit einer erfolgreichen 100-Liter-Fermentation wurde die Skalierbarkeit des Prozesses am Fraunhofer CBP durch das Team Biotechnologische Verfahren bereits demonstriert, ein Scale-up auf 300 Liter folgt. Kleinere Mengen bieten wir bereits jetzt für anwendungsspezifische Unter­suchungen an. So kann die Xylonsäure z. B. zur Substitution von Gluconsäure als Abbindeverzögerer oder als Chelatierungs­mittel getestet werden.

Literatur

[1] Toivari, M.H., Y. Nygard, M. Penttila, L. Ruohonen, and M.G. Wiebe, Microbial D-xylonate production. Applied Microbiology and Biotechnology, 2012. 96(1): p. 1-8.

Herstellung von 2,5-Furandicarbonsäure

Darstellung der Strukturhomologie von 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) und Terephthalsäure (TPS). Beide Materialien lassen sich polymerisieren: aus FDCA erhält man Polyethylenfuranoat (PEF) und aus PTA den Kunststoff PET.
© Fraunhofer IGB
Darstellung der Strukturhomologie von 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) und Terephthalsäure (TPS). Beide Materialien lassen sich polymerisieren: aus FDCA erhält man Polyethylenfuranoat (PEF) und aus PTA den Kunststoff PET.

 

Wichtiger Synthesebaustein 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA)

 

2,5‑Furandicarbonsäure (FDCA) und andere Dicarbonsäuren sind aufgrund ihrer Bifunktionalität wichtige Synthesebausteine in der chemischen Industrie. 2,5‑Furandicarbonsäure gilt zudem als vielversprechende Plattformchemikalie mit einem großen Marktpotenzial: Das US‑Energieministerium etwa listet FDCA als eine der Top‑12‑Chemikalien, welche aus Biomasse hergestellt werden können. Auch in einer Folgestudie wurde FDCA aufgrund ihrer potenziellen Anwendungen ebenfalls in die Top‑10 aufgenommen.

 

FDCA gilt als so vielversprechend aufgrund der hohen Strukturhomologie zur Terephthalsäure. Aus dieser wird der vielfältig eingesetzte Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) synthetisiert, dessen jährliches Marktvolumen ca. 40 Millionen Tonnen beträgt (Status von 2004).

 

Biobasiertes Polyester PEF

 

Analog zur Polymerisation von Terephthalsäure zu PET kann FDCA zum Polyester Polyethylenfuranoat (PEF) polymerisiert werden. Die aus nachwachsenden Rohstoffen herstellbare FDCA bietet somit einen nachhaltigen Ersatz für die aus Erdöl gewonnene Terephthalsäure bei der Herstellung von Polymeren auf biologischer Basis.

 

PEF ist nicht nur ein biobasierter Kunststoff, sondern – im Gegensatz zu PET – auch biologisch abbaubar. Haptisch und optisch ähnelt das Polymer durchaus dem petrochemischen Äquivalent PET. PEF zeichnet sich nicht nur durch seine Nachhaltigkeit aus, sondern weist zudem eine deutlich verbesserte Gas- und Wasserrückhaltefähigkeit als PET auf: Sein Wasserrückhaltevermögen ist doppelt so hoch und es hat eine sechsfach bzw. zehnfach bessere Barriere‑Eigenschaft gegenüber Kohlenstoffdioxid bzw. Sauerstoff.

 

Biotechnologische Herstellung von FDCA

 

Um die Biotransformation von HMF zu FDCA geht es auch in dem aktuellen Forschungsvorhaben KEFIP. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines nachhaltigen mehrstufigen Verfahrens zur Konversion inulinhaltiger Chicorée‑Wurzelrüben, einem landwirtschaftlichen Abfallprodukt. HMF wird hier mittels hydrothermaler Dehydratisierung aus Inulin der Wurzelrüben gewonnen und anschließend zu FDCA oxidiert. Die Arbeiten am IGB sind neben der Inulin-Extraktion aus den Wurzelrüben, auch die mikrobielle Oxidation vom HMF zur FDCA. Im Bereich der FDCA Herstellung konnte das Fraunhofer IGB zeigen das bei der Verwendung von einer HMF Lösung aus Chicorée welche noch verschiedene Verunreinigungen enthielt eine Biotransformation des HMFs zur FDCA möglich ist. Durch die Optimierungen des Fermentationsprotokolls war es möglich das die Ausbeute an FDCA exakt gleich war und es keinen Unterschied gab gegenüber der Verwendung von einer reinen HMF-Lösung, welche frei von Verunreinigungen ist.

Des Weiteren hat das IGB im Projekt KEFIP eine neuartige Fütterungsstrategie für  die HMF-Lösung entwickelt, welche auf der Basis von Online Daten aus der Fermentation beruht.

 

Itaconsäure

Mikroskopische Darstellung des Pilzes Aspergillus terreus.

Bei der Itaconsäure geht der fermentative Herstellungsprozess auf das Jahr 1932 zurück, damals noch unter Verwendung von Aspergillus itaconicus. Mittlerweile wird hauptsächlich der Stamm Aspergillus terreus zur biotechnologischen Herstellung genutzt. Unter Verwendung von A. terreus konnten wir 137 g/L Itaconsäure mit Glucose als Kohlenstoffquelle erzeugen.

Referenzprojekte

CarboSurf –

Neue Verfahren zur fermentativen Herstellung von Glykolipid-Biotensiden und sialylierten Kohlenhydraten

CarboSurf ist ein Projekt des Bio-Based Industries Joint Undertakings (BBI JU). Ziel des mit sechs Millionen Euro Budget ausgestatteten Projekts ist die Entwicklung neuer Prozesse sowie die Überwindung bestehender Engpässe in der fermentativen Produktion von biobasierten Biotensiden und speziellen Kohlenhydraten.

BioConSepT –

Biokonversion und Separationstechnologien für die Produktion und Anwendung von Chemikalien aus Rohstoffen der zweiten Generation

BioConSepT fokussiert sich auf die stoffliche Nutzung von Rohstoffen der sogenannten zweiten Generation wie Lignocellulose oder Öle und Fette, die nicht zur Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden können. Dabei werden sowohl enzymatische, mikrobielle als auch chemische Reaktionen eingesetzt und gegebenenfalls in den Produktionsketten miteinander kombiniert. Die Einführung kontinuierlicher Prozesse, neuer Reaktoren und selektiver Auftrennungstechnologien soll Durchbrüche bei der Kostenreduktion und Nachhaltigkeit dieser Prozesse erzielen.

BioQED –

Quod Erat Demonstrandum: Fermentative Herstellung und Scale-up für die Produktion von 1,4-Butandiol und Itakonsäure mit dem Ziel der Kostenreduktion und verbesserten Nachhaltigkeit

Europa bereitet sich auf die Umstellung von einer fossilen zu einer biobasierten Ökonomie vor. In diesem Rahmen verfolgt Bio-QED das Ziel, den Nachweis der Machbarkeit bio-industrieller Produktionsanlagen zu festigen. Damit verbunden ist die Aufstellung aller technischen/ökonomischen Schlüsselparameter, die für Investitionsentscheidungen über die ersten industriellen Produktionsanlagen zur Herstellung der biobasierten Produkte 1,4-Butandiol und Itakonsäure benötigt werden.

KEFIP –

Komplementäre chemisch-biotechnologische Verfahrensentwicklung zur neuartigen Herstellung der 2,5-Furandicarbonsäure (FDCA) aus Inulin-akkumulierenden Pflanzen

Ziel des Vorhabens KEFIP ist die Entwicklung eines mehrstufigen Verfahrens zur Konversion Inulin‑haltiger Chicorée‑Wurzelrüben, welche als landwirtschaftlicher Abfall anfallen, zu 2,5‑Furandicarbonsäure umzusetzen. Es werden Verfahren zur Inulin Gewinnung, die Konversion in Fruktose und die Umsetzung zu 5‑Hydroxymethylfurfural als auch dessen Oxidation zur Plattformchemikalie 2,5‑Furandicarbonsäure untersucht um der chemischen Industrie einen Rohstoff für die Polyester oder Polyamid Produktion zu bieten.

KomBiChemPro –

Fein- und Plattformchemikalien aus Holz durch kombinierte chemisch-biotechnologische Prozesse

Das Verbundvorhaben hat das Ziel, verschiedene Entwicklungsarbeiten zur stofflichen Nutzung lignocellulosehaltiger Biomasse in einem integrierten Bioraffineriekonzept zusammenzuführen. Wichtigster Aspekt ist dabei die Herstellung markfähiger Produkte durch robuster Prozesse und effiziente Verfahrensführung. Basis des Vorhabens stellt der Aufschluss von Holz nach dem Organosolv-Verfahren dar, welcher die Gewinnung der drei Hauptkomponenten von Lignocelllulose (Cellulose, Hemicellulose und Lignin) ermöglicht. Die Gruppe Industrielle Biotechnologie entwickelt die Fermentationsprozesse für Äpfel- und Xylonsäure.