CleanLeachate – Elektrochemische Aufbereitung von Deponiesickerwasser

In dem von der EU geförderten Projekt CleanLeachate hat das Fraunhofer IGB zusammen mit weiteren Partnern ein oxidativ-reduktives Verfahren entwickelt, um hochbelastetes Deponie-Sickerwasser, das auf Mülldeponien entsteht, zu behandeln. Das Verfahren kommt ohne Zusatz von Hilfsstoffen aus und ist aufgrund seines elektrochemischen Funktionsprinzips auch für sehr trübe Abwässer geeignet. Das Verfahren behandelt hoch belastetes Sickerwasser mit einem gekoppelten Anoden-Kathoden-Prozess. Eine durch eine Membran geteilte Elektrolysezelle bildet dabei zwei getrennte chemische Reaktionsräume. Ein Schwerpunkt des Projekts war die Auswahl geeigneter Elektrodenmaterialien, vor allem der Anode, an der bei Anlegen einer Spannung Hydroxyl-Radikale als reaktive Spezies entstehen. Das verunreinigte Wasser passiert zunächst die Anode, wo es oxidiert wird, und wird danach zur Kathode gepumpt, wo die Inhaltsstoffe reduziert werden. Für die Markteinführung wurde eine automatisierte und transportable Prototypanlage gebaut.

CleanLeachate.
CleanLeachate.

Projektbericht

Belebungsbecken einer Anlage zur Deponiesickerwasseraufbereitung.

Aufbereitung von Deponiesickerwasser

Die Entsorgung von Abfällen auf einer Deponie ist die weltweit am häufigsten genutzte Art der Abfallbeseitigung. Ein großer Nachteil des Deponiebetriebs ist die Entstehung von hochbelastetem Sickerwasser, das im Wesentlichen aus Niederschlag gebildet wird. Auch im Abfall enthaltenes und durch biologische Abbauprozesse freigesetztes Wasser tragen zur Entstehung von Deponiesickerwasser bei. Mit dem Sickerwasser werden in der Regel Schadstoffe ausgetragen.

Das Sickerwasser hat daher üblicherweise toxische Eigenschaften und enthält biologisch schwer abbaubare Stoffe. Behandlungsanlagen mit biologischen Verfahren können nur bedingt eine Aufbereitung leisten. Vor allem persistente organische Stoffe (gemessen als chemischer Sauerstoffbedarf, CSB), Ammonium und halogenierte organische Substanzen (gemessen als adsorbierbare organisch gebundene Halogene, AOX) sind in kritischen Konzentrationen im Deponiesickerwasser vorhanden und müssen vor der Einleitung in ein Gewässer oder eine kommunale, biologische Kläranlage entfernt werden.

Die Behandlung des Deponiesickerwassers stellt einen bedeutenden Kostenfaktor für den Deponiebetreiber dar. Auch nach Stilllegung einer Deponie entsteht noch jahrzehntelang belastetes Sickerwasser, das behandelt werden muss. Häufig werden Membran- und Adsorptionsverfahren (z. B. mit Aktivkohle) eingesetzt. Hierbei werden die Verunreinigungen aber nicht abgebaut, sondern lediglich konzentriert. In der Folge muss das Konzentrat entsorgt bzw. aufbereitet werden.

Weltweit gesehen steigt die Menge des deponierten Abfalls, während gleichzeitig die Gesetzgebung strenger wird. Dies führt zu einem wachsenden Bedarf an kosten- und energieeffizienten sowie zuverlässigen Verfahren zur Aufbereitung von Deponiesickerwasser.

sickerwasserproben
© Fraunhofer IGB
Sickerwasserproben während der elektrochemischen Reinigung.
Elektrolysezelle im Labormaßstab.
Schematischer Aufbau der Prototypanlage.

Kombination elektrochemischer Oxidation und Reduktion

Das Fraunhofer IGB hat gemeinsam mit europäischen Partnern aus Industrie und Forschung im Rahmen des von der EU geförderten Projekts CleanLeachate ein elektrochemisches Verfahren entwickelt, das eine zuverlässige Aufbereitung von Deponiesickerwasser ermöglicht, ohne dass dem Abwasser Hilfsstoffe zugesetzt werden müssen. Durch elektrochemische Oxidation an der Anode des Reaktors und anschließende Reduktion an der Kathode des Reaktors können sowohl Ammonium als auch organische Wasserinhaltsstoffe und organisch gebundene Halogene aus dem Deponiesickerwasser eliminiert werden. Bei der elektrochemischen Aufbereitung werden, im Gegensatz zur Membranfiltration, die Wasserinhaltsstoffe vollständig abgebaut. Es müssen keine Reststoffe entsorgt werden.

Geteilte Elektrolysezelle

Für die Oxidation und Reduktion wird die Elektrolysezelle durch eine Ionenaustauschmembran in zwei chemische Reaktionsräume getrennt, die nacheinander durchströmt werden, jedoch einen Stromkreis bilden. Die Schadstoffe im Wasser werden so zwei Behandlungsprozessen unterworfen. Die Grundlagen für die Entwicklung des Verfahrens wurden zunächst in Laborversuchen erarbeitet. Zusammen mit dem Projektpartner Eilenburger Elektrolyse- und Umwelttechnik GmbH (EUT) wurde die geteilte Elektrolysezelle entwickelt. Sechs verschiedene Anodenmaterialien, die der Projektpartner MAGNETO bereitstellte, wurden im Labor hinsichtlich des Abbaus von organischen Stoffen und Ammonium durch anodische Oxidation getestet. Zur Untersuchung der Dehalogenierung des AOX wurden Edelstahlkathoden unterschiedlicher Geometrien untersucht.

Pilotanlage – Testbetrieb auf Deponie

Basierend auf den Laborerkenntnissen wurde eine Pilotanlage mit einem Durchfluss von 20 Litern pro Stunde ausgelegt, vom Projektpartner EUT gefertigt und durch den Projektpartner ASIO auf einer Deponie in Tschechien im Dauerbetrieb getestet. Es gelang, den Prozess so zu optimieren, dass die CSB-Konzentrationen im Deponiesickerwasser auf unter 200 mg/L sowie die Gesamtstickstoffkonzentrationen auf unter 70 mg/L gesenkt werden konnten. Damit wurden die gesetzlichen Anforderungen der Abwasserverordnung hinsichtlich der CSB- und Gesamtstickstoffkonzentration im aufbereiteten Deponiesickerwasser erfüllt. Der Energiebedarf zur Schadstoffeliminierung betrug 43 kWh zum Abbau von einem Kilogramm CSB und 22 kWh zum Abbau von einem Kilogramm Ammonium.

Ausblick

Für die weitere Entwicklung und Markteinführung der Technologie steht nun eine automatisierte und transportable Prototypanlage zur Verfügung. Es konnte gezeigt werden, dass die elektrochemische Aufbereitung von Deponiesickerwasser unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte möglich ist. Die Technologie soll nun mit einer Vielzahl von industriellen Prozess- und Abwässern getestet und demonstriert werden, um weitere Erfahrungen und Grundlagen zur Optimierung zu sammeln.

Projektinformationen

Projekttitel

CleanLeachate – Combined anode and cathode process to treat landfill leachate

 

Projektlaufzeit

Dezember 2010 – November 2011

 

Koordinator

  • Fraunhofer IGB

 

Kooperationspartner

  • Eilenburger Elektrolyse- und Umwelttechnik GmbH, Eilenburg
  • MAGNETO special anodes B.V., Schiedam, Niederlande
  • ASIO spol. s r.o., Brno, Tschechien
  • Initial Projects Limited, Wolverhampton, Großbritannien
  • Centre de Recerca i Innovació de Catalunya, S.A., Barcelona, Spanien.

Förderung

Die Forschungsarbeiten, die zu Ergebnissen in diesem Projekt geführt haben, wurden gemäß der Finanzhilfevereinbarung Nr. 262335 im Zuge des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen Union (RP7/2007-2013) gefördert.

flag eu