Interferon-beta mit besserer Bioverfügbarkeit (Soluferon®)

Indikationen und Markt

Moleküloberflächen von Interferon-β-Variante IFN-β Ser17 (links) und der neuen Interferon-β-Variante IFN-β (rechts).
Bild 1: Moleküloberflächen von Interferon-β-Variante IFN-β Ser17 (links) und der neuen Interferon-β-Variante IFN-β (rechts). Das neue Interferon-β löst sich aufgrund der vermehrten hydrophilen Regionen (rot) besser.

Interferon-β besitzt mit der Indikation Multiple Sklerose einen wachsenden Markt von über drei Milliarden US$. Die Hydrophobizität des humanen Interferon- β ist sowohl unter technischen als auch unter pharmazeutischen Aspekten unerwünscht. Die daraus resultierende starke Aggregationsneigung erzwingt einen hohen technischen Aufwand bei der Reindarstellung des Proteins. Dies wirkt sich negativ auf die Ausbeute, die Formulierung, die Stabilität und die Bioverfügbarkeit aus. Eine am Fraunhofer IGB gentechnisch erzeugte Interferon-β-Variante mit 9 ausgetauschten Aminosäuren ist besser löslich (Bild 1) und besitzt eine höhere Bioverfügbarkeit (Bild 3). Folgende Aminosäuren wurden gegen Serin ausgetauscht: Leu5, Phe8, Cys17, Leu47, Phe50, Leu106, Phe111, Leu116, und Leu120.

Präklinische und klinische Entwicklung

Produktion der neuen Interferon-beta Variante im 10-Liter-Fermenter.
Produktion der neuen Interferon-beta Variante im 10-Liter-Fermenter.

Für die patentierte Proteinvariante wurde mit der Vakzine Projekt Management GmbH (VPM), Hannover, eine weltweit geltende und exklusive Lizenzvereinbarung abgeschlossen. VPM übernimmt die präklinische und klinische Entwicklung des in Säugerzellen exprimierten oberflächenmodifizierten Interferon-beta bis zur Phase II. Spätestens nach erfolgreichem Abschluss einer Phase-IIStudie, ggfs. aber auch vorher, strebt VPM die Auslizensierung an einen großen Pharmapartner an. VPM ist eine Entwicklunsgfirma für Impfstoffe und Biopharmazeutika, die 2002 im Rahmen der Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung und Kommerzialisierung von Impfstoffen gegründet wurde. Für das Produkt hat VPM den Markennamen Soluferon® eingetragen. Die Formulierung, die physikalisch- / chemischen Produkteigenschaften und die Bioverfügbarkeit werden derzeit im Auftrag von VPM am Fraunhofer IGB untersucht. Hierzu werden auch Produktionsläufe durchgeführt (Bild 2), wobei VPM die GMP-Herstellung der Prüfmedikation mit der Berliner Firma Probiogen AG durchführt. An dieser Stelle werden die Ergebnisse der Pharmakokinetik-Studie mit Soluferon® dargestellt.

Vorgehensweise Pharmakokinetik-Studie

Applikationsschema der Pharmakokinetik-Studie im Tierversuch.
Tabelle 1: Applikationsschema der Pharmakokinetik-Studie im Tierversuch. IU: international units, BW: body weight (Körpergewicht).

Das Ziel dieser nicht unter GLP-Bedingungen durchgeführten Studie war die Bestimmung der Pharmakokinetik des Soluferon® gegenüber dem herkömmlichen Interferon-β im Blutplasma von Kaninchen. Soluferon® oder das herkömmliche Interferon-β wurde den jeweiligen Versuchstieren einmalig subkutan appliziert. Nach Applikation (siehe Applikationsschema in Tabelle 1) wurden Blutproben zur Plasmagewinnung (1-2 ml) zu folgenden Zeitpunkten genommen: 0 h (vor der Applikation), 1 h, 2 h, 3 h, 4 h, 5 h, 7 h, 9 h, 11 h, 12 h, 24 h, 48 h. Die Blutproben wurden bei 5 000 g für 10 Minuten bei 10 °C zentrifugiert und bei -20 °C gelagert. Die biologische Aktivität des Soluferon® in den 288 Kaninchenplasmaproben wurden mittels des für Interferon-β üblichen Antiviralen Assays (AVA) bestimmt.

Ergebnis: Erhöhte Bioverfügbarkeit

Pharmakokinetik.
Abbildung 4: Pharmakokinetik der neuen Interferon-beta-Variante (rot) im Vergleich zu konventionellem Interferon-beta (blau) im Tierversuch (Kaninchen). Dargestellt ist die biologische Aktivität im Blutplasma nach einmaliger subkutaner Applikation. Zeitbezogene durchschnittliche Plasmakonzentration der antiviralen Aktivität von Gruppe 1 (Interferon-beta, 33 μg/Tier) vs. Gruppe 3 (Soluferon®, 33μg/Tier). IU: internationale Einheiten BW: Körpergewicht

Die Bestimmung der antiviralen Wirkung im Blutplasma zeigt eine höhere biologische Aktivität des Soluferon® (Bild 4). Die Bioverfügbarkeit wurde durch Berechnung der Area under the Curve (AUC) über die Trapezregel für die Gruppen 1-4 (siehe Tabelle 1) bestimmt. Soluferon® besitzt eine um den Faktor 6 signifikant höhere Bioverfügbarkeit gegenüber dem herkömmlichen Interferon-β.

Ausblick

Das Soluferon® hat ein großes Potenzial auf dem Weltmarkt als neuer Wirkstoff, von dem geringere Nebenwirkungen und eine erhöhte Wirksamkeit erwartet werden. Die neue Interferon-β-Variante gibt Anlass zur Hoffnung für alle Multiple- Sklerose-Patienten und kann möglicherweise auch für andere Erkrankungen eingesetzt werden, zum Beispiel bei Virusinfektionen oder Krebs.