OmniTest – Nanogel-Biosensoren für schnelle und sichere Pathogendiagnostik

Antigen-Schnelltests liefern schnell ein Ergebnis über eine Corona-Infektion – die Genauigkeit lässt, anders als beim PCR-Test, jedoch zu wünschen übrig. Ein Verbund der Fraunhofer-Institute für Produktionstechnologie IPT, für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB sowie des Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation CMI in Boston (USA) forscht daher an einer zugleich schnellen und genauen Alternative. Der Pathogen Analyzer nutzt den LAMP-Test in einem patentierten, druckbaren Hydrogel und ist schnell auf weitere Pathogene übertragbar.

Teststation zum Auslesen der Chips
© Fraunhofer IPT
Teststation zum Auslesen der Chips
CAD-Zeichnung eines Testchips
© Fraunhofer IGB
CAD-Zeichnung eines Testchips
Hydrogel (modifizierte Gelatine)
© Fraunhofer IGB
Hydrogel (modifizierte Gelatine)

Wer kennt es nicht? Der Hals kratzt, Schlappheitsgefühl macht sich breit. Hat man sich mit Corona infiziert? Über Antigen-Schnelltests kann man dies zuhause schnell überprüfen – die Genauigkeit dieser Tests lässt jedoch zu wünschen übrig. Viele Infektionen bleiben unerkannt, auch kann es zu fehlerhaften Positiv-Ergebnissen kommen. Für einen sicheren Nachweis ist ein PCR-Test unerlässlich, allerdings ist dieser sowohl deutlich teurer als auch langwieriger.

 

Schnelle und sichere Ergebnisse

Ein Verbund aus Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT, des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB sowie des Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation CMI in Boston (USA) möchte das nun ändern. Die drei Institute entwickeln zusammen den Pathogen Analyzer SECURIGEL (Abb. 1) und verbinden damit die Vorteile von Antigen- und PCR-Tests: Schnelligkeit und Genauigkeit.

 

Amplifikation bei konstanter Temperatur

Um das Erbgut zu vervielfältigen, nutzen die Institute ein anderes Verfahren als beim PCR-Test. So liegt das Ergebnis nun bereits nach ca. 30 Minuten vor. Das Herzstück der Technologie ist die Verkapselung und On-Chip-Speicherung einer erregerspezifischen Diagnostik mittels RT-LAMP (reverse transcription loop-mediated isothermal amplification) in einem patentierten, druckbaren Hydrogel (Abb. 2). Die Reaktion zur Amplifikation der Virus-RNA findet bei einer konstanten Temperatur von 62 °C statt – das in der PCR nötige Aufheizen und Abkühlen der Probenflüssigkeit entfällt.

 

Multiplexing durch Hydrogel

Dazu haben wir am Fraunhofer IGB und am Fraunhofer CMI auf einem Testchip, der ähnlich groß ist wie ein Antigen-Schnelltest, zahlreiche kleine Hydrogel-Tropfen aufgedruckt (Abb. 3). Diese Biogel-Nanosensoren sind in 1500 einzelnen 500 pL-Spots angeordnet, mit jeweils 500 zusätzlichen Spots für gleichzeitige Positiv- und Negativkontrollen, was die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse erhöht. Das Hydrogel wurde am Fraunhofer IGB für die Haftung der Tropfen auf der Chipoberfläche und die Reaktion für ein korrektes Testergebnis optimiert. Unser Hydrogel (Abb. 2 und 4) zeichnet sich demnach durch fünf Merkmale aus: Möglichkeit zum räumlichen Multiplexing, niedrigere Nachweisgrenzen, On-Chip-Speicherung der Reagenzien, längere Haltbarkeit und Skalierbarkeit. Der entscheidende Vorteil unseres Ansatzes ist eine vereinfachte Probenvorbereitung und Diskretisierung – also die Gewinnung von endlich vielen (»diskreten«) Daten aus einem kontinuierlichen Informationsfluss − von RT-LAMP, um falsch-positive Ergebnisse deutlich zu reduzieren.

 

Paralleler Nachweis mehrerer Pathogene

Ein solcher Multiplexing-Ansatz erhöht zum einen die Verlässlichkeit, zum anderen ermöglicht er es, bis zu zwölf verschiedene Virenarten gleichzeitig mit einer Probennahme und einem Chip nachzuweisen. Da wir das System als Baukastensystem entwickelt haben, lässt es sich schnell an neue Pathogene und damit neue Situationen anpassen.

Schematische Zeichnung des Hydrogels
© Fraunhofer IGB
Schematische Zeichnung des Hydrogels

Angebot und Zusammenarbeit

Hydrogel-Spots
© Fraunhofer IGB
Die Erreger-DNA wird an mehreren Stellen in einem Hydrogel-Spot auf den Chip gedruckt und hierdurch stabilisiert. Das Testsystem wird damit sensitiver und kann auf verschiedene Erreger ausgeweitet werden.

Vorteile und Technologiereife

Unsere Lösung zeichnet sich durch verschiedene Vorteile gegenüber den derzeitig verfügbaren Produkten aus:

  • Schnelles und zugleich genaues Ergebnis
  • Keine Probenpräparation erforderlich, wodurch Tests auch zu Hause durchgeführt werden könnten
  • Druckprozess ermöglicht räumliches Multiplexing, sodass mit einer Untersuchung auf viele unterschiedliche Erreger getestet werden kann

Die Machbarkeit mit unserem Lösungsansatz wurde erfolgreich gezeigt (TRL 3-4). Nun steht die Optimierung des Sensor-Layouts und die Übertragung auf kostengünstige, skalierbare Produktionsverfahren an.

Zusammenarbeit

Da wir das System als Baukastensystem entwickelt haben, lässt es sich schnell an kundenspezifische Fragestellungen wie neue Pathogene anpassen. Bei Interesse an der gemeinsamen Weiterentwicklung zu einem marktreifen Produkt kommen Sie gerne auf uns zu.

Anwendungsbereiche sehen wir überall dort, wo schnell eine Information erforderlich ist, ob und mit welchen Pathogenen eine Person infiziert ist. Dies kann beispielsweise zur Eingangskontrolle in Bereichen mit erhöhter Ansteckungsgefahr (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen) der Fall sein. Durch Anpassung des Erregerspektrums auf dem Sensor eignet dieser sich auch zur Überwachung von Mikroorganismen in der Umwelt, in der Lebensmittelproduktion oder zur Qualitätskontrolle in der Pharmaproduktion.

Eine Hauptfunktion unseres patentiertes Hydrogels liegt in der Stabilisierung von Biomolekülen (Proteine, Enzyme). Das Hydrogel bietet daher auch für die Entwicklung weiterer Produkte, z. B. anderer Test-Assays, Formulierungen oder Oberflächenmodifizierungen, große Vorteile.

Projektinformationen

Projekttitel

OmniTest – Nanogel-Biosensoren für schnelle und sichere Pathogendiagnostik


Projektlaufzeit

Juni 2021 – Dezember 2022

 

Projektpartner

 

Projektkoordination

  • Fraunhofer Center for Manufacturing Innovation CMI, Boston (USA), Dr. Christine McBeth

 

Förderung

Fraunhofer (Ausschreibung/Programm: PACT)