»Neues Interferon-beta mit besserer Löslichkeit«

Presseinformation /

Interferon-beta ist einer der wenigen Wirkstoffe, mit dem sich Multiple Sklerose behandeln läßt. Ein großes Problem ist jedoch die geringe Löslichkeit des Proteins. Einen neuen Weg, die Löslichkeit des Interferon-beta zu verbessern, stellen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, Stuttgart, jetzt auf der BioTechnica '99 (5.-7. Oktober, Hannover) in Halle 4, Stand H12 vor. Das am IGB entwickelte "second generation" Interferon-beta ist nicht nur besser löslich, sondern zeigte im Tierversuch auch eine bessere pharmakokinetische Stabilität.

Interferon-beta
Vergleichende Oberflächendarstellung des herkömmlichen Interferon-beta (Wildtyp, links) und der löslichen Variante mit reduzierter Hydrophobizität (rechts). Die Pfeile geben die Regionen mit reduzierter Hydrophobizität an.

Interferone sind körpereigene Proteine des Menschen, die sich zur Behandlung verschiedener Krankheiten eignen. Interferon-beta, das die Verbreitung von Viren unterdrückt, ist beispielsweise einer der wenigen Wirkstoffe, mit dem sich Multiple Sklerose behandeln läßt. Ein großes Problem ist jedoch die geringe Löslichkeit des Proteins. Einen neuen Weg, die Löslichkeit des Interferon-beta zu verbessern, stellen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, Stuttgart, jetzt auf der BioTechnica '99 (5.-7. Oktober, Hannover) in Halle 4, Stand H12 vor.

Mit einem neuartigen Konzept für Proteindesign, dem Hydrophobicity Engineering, haben Wissenschaftler des IGB die wasserabweisenden - hydrophoben - Regionen des Moleküls durch löslichere ersetzt. Ziel war es, die Zusammenlagerung der Moleküle zu reduzieren, um die Proteinausbeute zu steigern und die pharmakologische Wirksamkeit zu erhöhen. Die Proteinvarianten werden mit gentechnologischen Methoden konstruiert, in Bakterienzellen produziert und dann von allen bakteriellen Proteinen gereinigt, bis hochreines Interferon-beta vorliegt.

Dafür mußten die Forscher als erstes ein Strukturmodell des menschlichen Interferon-beta errechnen. Grundlage war die dreidimensionale Kristallstruktur des Interferon-beta der Maus. Denn Struktur und Aufbau dieser Proteine sind bei Mensch und Maus sehr ähnlich. »Über homologiebasierte Modellierung konnten wir die Struktur des menschlichen Interferon-beta-Proteins nachbilden«, berichtet Christian Schneider-Fresenius aus dem IGB. »Wir sind diesen Weg gegangen, weil die Kristallstruktur des menschlichen Interferon-b zu dem Zeitpunkt, als die Arbeiten begannen, nicht vorlag.« Inzwischen haben Wissenschaftler aus den USA die Kristallstruktur des humanen Proteins gelöst. Vergleiche zeigen, daß die Modellierung der Struktur das gleiche Ergebnis lieferte. Anschließend arbeiteten die Forscher aus dem IGB daran, die Aminosäuren zu identifizieren, die für die schlechte Löslichkeit verantwortlich sind und tauschten sie gegen andere, löslichere aus. Dadurch wurden die biophysikalischen Grundeigenschaften des Proteins verbessert, ohne die biologische Aktivität zu verändern.

Die Wissenschaftler haben nun auch im Tierversuch nachgewiesen, daß die Interferon-beta-Variante nicht nur besser löslich ist, sondern auch pharmakologisch stabiler. Damit ist es besser bioverfügbar als das herkömmliche IFN-beta. Zur Zeit wird mit mehreren Pharmaunternehmen über eine Weiterführung in die Klinik verhandelt.