Zellwandproteine von Hefepilz als Virulenzfaktoren identifiziert

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Jochen Schwenk erhielt für seine Diplomarbeit »Neue Ansätze zur Identifizierung potenzieller Virulenzfaktoren in Candida albicans«, die er in der Gruppe Genomics - Proteomics - Screening am Fraunhofer IGB anfertigte, den zweiten Hugo-Geiger-Preis 2004.

Bei der Fraunhofer-Jahrestagung in Dresden überreicht Professor Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Jochen Schwenk vom Fraunhofer IGB den Hugo-Geiger-Preis 2004.
Die glücklichen Preisträger. Jochen Schwenk, Michaela Harz (links) und Frank Meinecke (ganz rechts).

Candida albicans ist der häufigste humanpathogene Pilz. Bei gesunden Menschen befällt er schon einmal Haut und Schleimhäute oder besiedelt den Darm. Bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem aber kann er lebensbedrohliche Infektionen hervorrufen. Allein in Deutschland sterben beispielsweise mehrere tausend Menschen im Jahr an systemischen Candida-Infektionen in Krankenhäusern. Antimykotika weisen bisher erhebliche Nebenwirkungen auf. Zudem hat der Pilz bereits Resistenzen gegen die verträglichsten Mittel entwickelt. Damit Biowissenschaftler maßgeschneiderte Medikamente entwickeln können, müssen sie mehr über die Wirkungsmechanismen des Pilzes wissen.

Hyphen, fädige Wachstumsformen des Pilzes, erlauben es ihm, in Organe einzuwandern und sie zu zerstören. Der erste Kontakt der Pilz- mit der Wirtszelle aber besteht in einer Anheftung oder Adhäsion und wird von bestimmten Proteinen gesteuert. Die Proteine, welche die Adhäsion vermitteln, sind – neben den an der Hyphenbildung beteiligten Proteinen – aussichtsreiche molekulare Angriffspunkte für spezifische Medikamente. Jochen Schwenk untersuchte in seiner Diplomarbeit »Neue Ansätze zur Identifizierung potenzieller Virulenzfaktoren in Candida albicans« genau diese Proteine. Bei der Jahrestagung der Fraunhofer-Gesellschaft am 20. Oktober 2004 in Dresden wurde er für seine Leistungen mit dem zweiten Hugo-Geiger-Preis 2004 ausgezeichnet.

»Die Proteine, welche die Adhäsion vermitteln, sitzen in der Zellwand der Pilzzellen« erklärt Schwenk. Er hat ein zweistufiges Verfahren entwickelt, mit dem die Proteine aus der Zellwand isoliert und anschließend analysiert werden können. Da die Adhäsionsproteine nach ihrer Biosynthese noch modifiziert werden, z. B. durch Anbindung von Zuckermolekülen, lassen sie sich mit herkömmlichen biochemischen Methoden nicht isolieren. Schwenk nahm daher Proteasen zu Hilfe, Enzyme, die Proteine in kleinere Peptide spalten. Die Peptide, die er nach dem »Verdau« der Zellwand erhielt, waren zwischen 10 und 100 Aminosäuren lang. Er sequenzierte diese Peptide mit Hilfe modernster Massenspektrometrie. Die Abfolge der Aminosäuren verglich er dann mit bekannten Protein-Sequenzdaten. Auf diese Weise konnte der Nachwuchswissenschaftler insgesamt 14 verschiedene, davon ein bislang unbekanntes Zellwandprotein identifizieren.

»Zusammen mit den an der Hyphenbildung beteiligten Proteinen, die wir in den vergangenen Jahren identifizieren konnten, haben wir nun einen Satz an Kandidaten, die man spezifisch blockieren könnte« sagt Steffen Rupp, Leiter der IGB-Arbeitsgruppe »Genomics, Proteomics, Screening«. Er weiß auch schon wie: »Man könnte Antikörper entwickeln oder die natürlichen Liganden der Adhäsionsproteine nachbauen.« Verabreichte man dem Patient solche Substanzen als Medikament, könnte der Pilz seine pathogene Wirkung nicht mehr entfalten und der Patient müsste keine Nebenwirkungen befürchten. Für diese weiterführenden Entwicklungen sucht das IGB noch interessierte Partner aus der Industrie.

Der Hugo-Geiger-Preis wurde erstmals anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Fraunhofer-Gesellschaft vor vier Jahren von der Bayerischen Staatsregierung gestiftet. Namensgeber ist Staatssekretär Hugo Geiger, der Schirmherr der Gründungsveranstaltung der Fraunhofer-Gesellschaft am 26. März 1949. Mit diesem Preis werden hervorragende und anwendungsorientierte Diplomarbeiten auf dem Gebiet der Biowissenschaften (Life Sciences) ausgezeichnet. Kriterien der Beurteilung sind: wissenschaftliche Qualität, wirtschaftliche Relevanz, Neuartigkeit und Interdisziplinarität der Ansätze. Die Arbeiten müssen in unmittelbarer Beziehung zu einem Fraunhofer-Institut stehen oder dort entstanden sein. In diesem Jahr erhält der erste Preisträger einen Betrag von 3 000, der zweiten 2 000 und der dritte 1 500 Euro.