Die Natur als chemische Fabrik: Kunststoffe und Lacke aus Reststoffen

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Am Fraunhofer IGB wird ein biotechnologisches Verfahren entwickelt, bei dem Mikroorganismen Rohglyzerin, das bei der Herstellung von Biodiesel aus Rapsöl anfällt, zu einem chemischen Synthesebasutein umsetzen, aus dem Polyester und hochwertige Lacke erzeugt werden können.

Wissenschaftler am Fraunhofer IGB nutzen das Bakterium Clostridium diolis, um in einem biotechnischen Prozess aus dem Reststoff Rohglyzerin den chemischen Grundstoff 1,3-Propandiol herzustellen.

Erdöl wird immer teurer, fossile Rohstoffe gehen langsam zur Neige. Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und nachhaltige Produktionsprozesse bieten alternative Lösungen. Besondere Bedeutung kommt der weißen Biotechnologie zu, bei der Chemikalien und chemische Grundstoffe mit biotechnologischen Verfahren hergestellt werden. Die Prozesse werden vor allem dann nachhaltig und stehen nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, wenn Restbiomasse aus Forst- und Landwirtschaft oder Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie als Substrate für die Mikroorganismen genutzt werden.

Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart entwickeln ein biotechnologisches Verfahren, mit dem sich Rohglyzerin, das bei der Herstellung von Biodiesel aus Rapsöl als Nebenprodukt anfällt, wirtschaftlich zu 1,3-Propandiol – einem chemischen Grundstoff für die Herstellung von Polyestern oder Holzlacken – umsetzen lässt. Bislang wird 1,3-Propandiol chemisch synthetisiert. Es gibt aber auch Mikroorganismen, die Glyzerin zu 1,3-Propandiol umsetzen können.

Die Wissenschaftler suchten zunächst einen geeigneten Organismus und wurden mit Clostridium diolis fündig, einem Bakterium, das 1,3-Propandiol in vergleichsweise hoher Ausbeute produziert. »Dann haben wir untersucht, warum das Bakterium zwar Glyzerin, nicht aber den schwarz gefärbten, wie verbrauchtes Motoröl aussehenden Reststoff Rohglyzerin umsetzt«, erklärt Dr. Wolfgang Krischke, Projektleiter am Fraunhofer IGB. Die Forscher fanden in Laborversuchen heraus, dass aus dem Rapsöl übrig gebliebene Fettsäuren erst aus dem Rohglyzerin abgetrennt werden müssen. Sowohl das Substrat Glyzerin als auch das Produkt 1,3-Propandiol hemmen bei höheren Konzentrationen das Wachstum der Bakterien. »Durch kontinuierliche Betriebsführung des Bioreaktors konnten wir dieses Problem weitgehend lösen«, erklärt Krischke, »denn bei annäherndem Vollumsatz des Glyzerins entfällt dessen Hemmwirkung. Auf diese Weise konnten wir einen stabilen Prozess mit hohen Produktkonzentrationen erzielen«.

Auch ein weiteres Verfahren wurde bereits erfolgreich am Fraunhofer IGB entwickelt: Die biotechnologische Umwandlung von Milchzucker, das in dem in der Milchverarbeitung anfallenden Nebenprodukt Sauermolke enthalten ist, zu Milchsäure. Milchsäure dient als Ausgangsstoff für das biobasierte Polymer Polymilchsäure, aus dem Einmalgeschirr und Tüten hergestellt werden können.

Am 13. Juni 2008 werden die Prozesse beim Tag der Technik am Fraunhofer-Institutszentrum Stuttgart gezeigt.